02/25/2020
Unversöhnlich
Kurz vor dem verdienten Ende des Jahres 2019, erreichte mich durch meine unzähligen, okay es sind glaube ich genau drei aber meine boomer Mutter findet dass schon krass viel,social-media-accounts die Nachricht, Hermann Gremliza sei gestorben. Für mich war dies ein kleiner Schock und auch fühlt es sich an wie eine Zäsur. Die Person Gremliza, genauer sein geschriebenes, stand und steht wie keine andere für meine persönliche, zweite politische Sozialisation. Sein unterhaltsamer Stil und seine Stift als Schnellfeuergewehr gegen allen befundenen Wahnsinn dieser Zeit beeindrucken mich sehr, wenn ich auch nicht immer mit dem Ziel des Angriffs und der Argumentation einverstanden war. Gegen den Schnellfeuergewehr-Vergleich würde er sich wehren, wenn ihn doch jemand mit gesellschaftlicher Bedeutung formuliert hätte. So komme ich doch ungeschoren davon. Was mich jedoch am meisten nachhaltig beeindruckt hat, war die Unversöhnlichkeit gegenüber allen mächtigen dieser Welt und sein permanentes Misstrauen gegenüber einem Land und seiner Bevölkerung, der er selbst in unbedeutend erscheinenden Momenten eine schlechte Absicht unterstellte. Meistens kitzelt er durch seinen Stil die Momente hervor,in denen das verhängnisvolle, deutsche Zusammenspiel zwischen kollektiven Größen- und Verfolgungswahn sich im kleinen aber keineswegs stillen offenbarte. Unversöhnlich sein, mit der Welt, seinem Gegenüber und mit sich selber.
„für die Penner mit Millionen, für die Reichen ohne Geld und für mein ungebrochenes Unverständnis gegenüber der Welt“ (T. Uhlmann „Junkies und Scientologen“)
Wenn in stürmischen Zeiten Haltung bewahren eine der wichtigsten Grundregeln zu seien scheint, ist Unversöhnlichkeit mitunter eine Grundhaltung, die zumindest einen davon abhält mitzumachen. Sich weder von den einen vereinnahmen lassen, die ihrbürgerlich-distinguiertes Verhalten zum Maßstab aller Dinge erheben, noch von der Niederträchtigkeit der Anderen, des sich mehr und mehr offen faschisierenden Teil der Gesellschaft stumm machen zu lassen. Oder wie Theodor W. Adorno sagte„Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“ Was dies konkret bedeuten soll?Verhaltensregeln für den Ernstfall wird es an dieser Stelle nicht geben, die eigenekonsumistissche Haltung aufgeben gehört dazu. Den Streit suchen wo er zu suchen ist (es ist bezeichnend dass Streit ein maskulinum ist), den Dissens fokussieren. Den vermeintlichen Konsens den die deutschen so lieben, hat meist viele Opfer zu beklagen, die für den Frieden der Volksgemeinschaft als Störenfriede dieser Ruhe und vorgegeben natürlichen Ordnung markiert werden. In früheren Zeiten wurden wissenschaftlich „Rassen Theorien“ aufgestellt, nun bedient man sich „dem gesunden Menschenverstand“ um die natürliche Auslese zu begründen. Sprache ist komplex, doch muss sie in diesem Kontext als Vorbote von Handlungen und als Transmitter von Ideologie gesehen werden. Wo die Trennlinie zwischen Menschengruppen gezogen wird, die Ideologien von Klasse, Herkunft und Geschlecht als Eigenschaftstranspoteure gelten und den Anspruch auf das X-beliebige (meist ökonomische und kulturelle Privilegien) garantieren soll, gilt es Widerspruch zu erheben.
levin - 16:33 @